Patronin Europas
Es gibt nur wenige Seelen, die in ihrem Innersten von ihrem Innersten aus leben; und noch viel weniger, die dauernd darin und von ihm aus leben. Der Mensch ist dazu berufen, in seinem Innersten zu leben und sich selbst in die Hand zu nehmen.“
Diese Worte stammen von der Ordensfrau Theresia Benedicta vom Kreuz, besser bekannt unter Edith Stein, deren Gedenktag wir am 9.August begehen. Edith Stein, die am 11. Oktober 1998 von Papst Johannes Paul II. heilig gesprochen wurde, ist die erste geborene Jüdin in der Kirchengeschichte, die offiziell heilig gesprochen wurde.
Edith Stein, jüngstes von elf Kindern jüdischer Eltern, wurde am 12. Oktober 1891 als Tochter eines wohlhabenden Holzhändlers geboren. Im Alter von 15 Jahren verabschiedete sie sich von ihrem traditionell-jüdischen Kinderglauben und bezeichnete sich fortan als Atheistin. In den folgenden Jahren studierte sie u.a. Germanistik, Psychologie und Geschichte und promovierte „summa cum laude“ in Philosophie. Als jüdischer Frau verwehrte man ihr allerdings die Habilitation.
1922 konvertierte sie nach der Lektüre der Biografie der Teresia von Avila zur katholischen Kirche und wollte Nonne werden, ihr geistlicher Führer empfahl ihr, die bereits im 1. Weltkrieg als Freiwillige in einem Lazarett gearbeitet hatte, aber ein weiteres Wirken „in der Welt“. So war sie in den folgenden Jahren als Lehrerin an der Schule der Dominikanerinnen tätig und setzte sich in Reden und Schriften für die Emanzipation der Frauen ein.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verließ sie das katholische Institut, um dessen Mitarbeiter nicht in Gefahr zu bringen und konnte im Oktober 1933 in Köln ins Kloster der Karmelitinnen eintreten. Im Nachdenken über die Nachfolge Jesu entwickelte sie ein neues Bewusstsein auch über ihre jüdischen Wurzeln. Im Jahr der großen Judenpogrome 1938 legte sie ihre Gelübde ab. Mehrfach versuchte sie ab 1933 Papst Pius XI. zu einer Stellungnahme gegen Antisemitismus zu bewegen. Es war die Priorin ihres eigenen Klosters, die sie 1938 an die Nazis verriet, und Edith Stein blieb nur die Flucht vor den Nationalsozialisten in ein Kloster in den Niederlanden. Im selben Jahr noch verfasste sie ihr Testament mit der Erklärung ihrer Hingabe an das Kreuz Jesu, das zu tragen sie für „alle, die mir Gott gegeben“, für das jüdische Volk und für Deutschland mit jeglicher Todesart bereit sei.
Am 7. August wurde Teresia Benedicta vom Kreuz nach Auschwitz verschleppt und dort zusammen mit ihrer Schwester Rosa, die seit dem Tod der Mutter im Kloster als Pförtnerin gelebt hatte, zwei Tage später in der Gaskammer ermordet. „Komm, wir gehen für unser Volk“, sagte sie dabei zu Rosa. Auf die zuvor mögliche Flucht in die Schweiz hatte sie verzichtet, weil diese nur ohne ihre Schwester möglich gewesen wäre.
Die heilige Edith Stein, die in der katholischen Kirche als Heilige und Märtyrerin verehrt wird, gilt als Brückenbauerin zwischen Christen und Juden und ist eine der Patroninnen Europas.
Edith Stein sah es als ihre Bestimmung, in ihrem Herzen die Leiden ihres jüdischen Volkes anzunehmen, um sie Gott als Sühne anzubieten: „Ich muss immer wieder an Königin Esther denken, die gerade darum aus ihrem Volk genommen wurde, um für das Volk vor dem König zu stehen. Ich bin eine sehr arme und ohnmächtige kleine Esther, aber der König, der mich erwählt hat, ist unendlich groß und barmherzig.“
Heidi S.